Ein Gedankenstreich aus dem Alltag des Texthandwerks.
Malen Sie sich das mal aus:
Sie nippt am Kaffee und blickte gedankenverloren an die Wand. Die könnte mal wieder einen Anstrich vertragen. Nächsten Monat kommen wichtige Neukunden zu einem Kick-off-Workshop. Da sollten die Büroräume schick aussehen. In der Nebenstraße ist doch ein Malerbetrieb. Der hatte das im Nachbarbüro sauber und gut gemacht. Gleich mal anfragen …
Über eine Woche liegt das Angebot des Malerbetriebs nun schon auf ihrem Schreibtisch. Die Entscheidung ist irgendwie lästig. So viel Geld für etwas Farbe und ein paar Pinselstriche. Eigentlich kann man das doch selber machen. Mal sehen …
Es ist Wochenende. Nein: Es ist schon DAS Wochenende vor dem Kunden-EVent. Für den Malerauftrag ist es nun zu spät. Egal! Sie fährt Samstagmorgen in den Baumarkt und deckt sich mit Farbe und Zubehör ein. Wahnsinn, was für tolle Farben es gibt! Sonntagabend erstrahlt das Büro in modernem Ton und neuem Glanz. Zufrieden stellt sie die Möbel zurück und entsorgt den Malerabfall. War doch gar nicht so schwer. Und Geld gespart hat man auch noch ordentlich.
Montagmorgen. Die Sonne scheint ins Büro. Sie nippt am Kaffee und blickt gedankenverloren an die Wand. Verdammt! Wo kommen denn jetzt die Streifen her? Wieso blitzt die alte Farbe durch. Und irgendwie waren die Fenster- und Türrahmen wohl nicht sauber abgeklebt …
Genervt greift sie zum Hörer und wählt die Nummer des Malerbetriebs.
„Guten Morgen! Sie wissen doch noch, meine Anfrage letzten Monat … Tut mir leid, dass ich mich jetzt erst melde. Habe das meiste eigentlich selbst hinbekommen. Könnten Sie vielleicht nur nochmal kurz drübergehen, damit das hübsch und ordentlich aussieht? … Nee, nächste Woche ist zu spät. Das müsste schon noch heute sein. Morgen früh kommen doch die neuen Kunden ins Büro. Sie können aber gerne den Schlüssel haben. Dann kommen Sie auch noch am Abend rein … Ach so. Ich gehe davon aus, das kostet ja dann nicht so viel, wie in Ihrem alten Angebot?! Das meiste habe ich ja bereits erledigt. Sie müssen ja eigentlich nur noch ein bisschen korrigieren …“
Schwarzmalerei?
Mehr Arbeit (!) in kürzerer Zeit (!) für schlechtere Bezahlung (!) – Im Fall Malerarbeit mag der Denkfehler in dieser Geschichte offensichtlich sein. Im Fall Textauftrag? Scheinbar nicht (immer).
PS: Die kurze Geschichte basiert auf einer erlebten Anfrage. Leider fehlten mir am Telefon die Worte. Deshalb stehen sie nun hier.
… die Zweite von links. Oder von rechts.
Höher. Schneller. Heiter.
Mein Wunschkunde lässt mich nicht lange wünschen.
Er lässt mich machen. Und: Macht mit.
Er holt mich in sein Boot. Weil er seine Ideen – mit Hilfe einer zweiten Kraft – schneller in hohe Flugbahnen bringen möchte. Wir stehen uns gegenüber. Auf Augenhöhe. Jeder weiß um seinen Anteil am gemeinsamen Ziel. Beide leisten mit Lust und Ausdauer den erforderlichen Beitrag auf ihrer Seite. Wir gönnen dem anderen Atempausen, um neuen Schwung zu holen, und genießen den wechselseitig guten Ausblick. Am Ende sieht man gemeinsam weiter. Jeder in seine Richtung. Und bevor man sich versieht, schlägt die gemeinsame Anstrengung über – in ein gutes Bauchgefühl. Und Freude für jeden von uns.
Dies ist ein Beitrag für die Blogparade „Mein Wunschkunde ist…“ – auf besonderen Wunsch meines Twitterkollegen Sascha Theobald.
Wünsche berauschende Höhenflüge!
Und: Lasst euch nicht verschaukeln …