Werte. 
Worte. 
Wissen. 
Für Marken.

Blog-Kategorien

Erfahrungsschatz

Anekdoten und Lehrstücke aus meinem Berufsalltag

Fundstücke

Flüchtige Entdeckungen für unterhaltsame Augenblicke

Gedankengut

Brandheiße Botschaften zur Reflexion und Inspiration

Meinungsmacher

Impulsive Befindlichkeiten aus Markenbegegnungen

Bühnenreife Inspirationen für Brainstormings und Kreativprozesse

Foto: Pixabay

Immer wieder sitze ich in Meetings, in denen es eigentlich um grenzüberschreitende Ideen gehen sollte. Stattdessen verfangen sich die Beteiligten in (zwischen)menschlichen Befindlichkeiten und kommen in der Sache nicht wirklich weiter. In solchen Momenten träume ich gerne – zum Beispiel davon, die Teilnehmer:innen zu einem Seminar für Improvisationstheater zu zerren. Dort lernt man Grundregeln, die jedes Brainstorming und Marketing-Meeting enorm bereichern würden. 

Improvisation auf der Bühne bedeutet: Man steht als Schauspieler dort oben auf den Brettern – ohne Text, ohne Verkleidung und ohne Plan. Und daneben ein oder mehrere Kolleg:innen. Mit den gleichen, „nackten“ Rahmenbedingungen.

Spannung und Überraschung des Improvisierens, so glaubt man, entstehen aus der vollkommenen Freiheit, die die Darsteller in dieser Form des Theaterspielens haben. Beides würde aber nicht entstehen, wenn die Akteure dabei nicht die Grundregeln des Improvisierens beachten würden.

(Nachfolgende Regeln des Improvisationstheaters sowie die Bühnen-Beispiele fand ich in dem wunderbaren Buch Bossypants von Tina Fey.)

Regel 1: ANNEHMEN

JA sagen. Egal, was sich die Kolleg:innen ausdenken und sagen.

Beispiel Bühne:
Wenn der eine sagt: „Keine Bewegung, ich habe eine Pistole.“ und der andere kontert mit „Das ist ja gar keine Pistole, sondern dein Finger, mit dem du auf mich zeigst“, dann wird die Szene ausgebremst, noch bevor sie Fahrt aufnehmen kann. Sagt der Kollege dagegen „Das ist die Waffe, die ich dir zu Weihnachten geschenkt habe, du Schuft“, so entsteht eine Szene. Der verneinende Intellekt weicht der Phantasie.

Im Meeting:
Natürlich stimmen wir im realen (Arbeits-)Leben nicht jedem in allem zu. Aber die Regel des Zustimmens oder Annehmens führt uns zu mehr Respekt vor den Ideen anderer und zwingt uns zu einer offenen Perspektive. Also einfach mal ausprobieren: Statt ein schnelles „NEIN, das können wir nicht machen, weil …“ einfach mal ein JA und überraschen lassen, wohin das führt.

Regel 2: ADDIEREN

„JA und …“ – Dem JA muss etwas Neues, etwas Eigenes folgen.

Beispiel Bühne:
Wenn eine Szene startet mit „Verflucht ist das heiß hier.“ und der Partner antwortet mit „Ja, finde ich auch“, bleibt man auf der Stelle stehen. Wird stattdessen erwidert: „Was hast du erwartet, wenn wir in der Hölle landen?“ oder „Es war wohl keine gute Idee, in das Maul der Löwens zu klettern“, so entsteht Dynamik. Denn eine Geschichte entsteht aus der Spontaneität UND der gegenseitigen Inspiration der Impro-Spieler.

Im Meeting:
Ja-Sager gibt es durchaus genügend. Es geht aber nicht um das bloße Nicken zur Gemütserweichung des Vorgesetzten. Diese Regel zwingt zur Eigeninitiative, zu einer Fortsetzung des fremden Gedankens und zur Bereicherung der Diskussion mit etwas von Wert.

Regel 3: AUSSAGEN TREFFEN

Oder anders: Stell’ nicht nur Fragen.

Beispiel Bühne:
Wenn einer fragt: „Wer bist du? Wo bist du? Was machst du hier? Was ist in dem Paket da?“, so setzt er seinen Bühnenpartner unter Druck, die entsprechenden Antworten zu liefern. Besser wäre zum Beispiel: „So, Dracula, jetzt sind wir in Spanien gelandet“, um dem oder den anderen Inspiration und Orientierung für den nächsten Gedanken zu liefern.

Im Meeting:
Wer kennt sie nicht, die Kollegen am Meeting-Tisch, die mit Fragensalven auf Auserwählte (meist Untergebene) schießen und zurückgelehnt auf Antworten warten. Das führt häufig zu einer stickigen Atmosphäre und atemlosen Denken. Eine klare Aussage oder Meinung zur Diskussion in die Runde gestellt, bringt alle – und insbesondere das zu diskutierende Problem – weiter.

Regel 4: ES GIBT KEINE FEHLER

… sondern ausschließlich schöne und erheiternde Pannen.

Beispiel Bühne:
Wenn ein Improvisationsdarsteller eine Szene startet und sich dabei vorstellt, er sei ein Polizist auf einem Fahrrad, der andere aber glaubt, er spiele einen Hamster in einem Hamsterrad … Na und?! Dann ist er eben ein Hamster im Hamsterrad. Er wird die Szene nicht anhalten, um klar zu stellen, dass er etwas anderes wollte. Weiß’ doch keiner. Also einfach mal abwarten und weitermachen. Vielleicht endet das alles damit, dass er ein Polizei-Hamster ist, der ins Hamsterrad verurteilt wurde, weil er „draußen“ zu nichts taugt …

Im Meeting:
Weniger in Fehlern denken, mehr in ungeahnten Möglichkeiten. Es gibt genügend Produkte, die durch vorangegangene Fehlentwicklungen entstanden sind, so z. B. WICK MediNait. Die Medizin sollte ursprünglich Erkältungssymptome reduzieren und den Erkrankten einen unbeschwerteren Alltag bescheren. Die erwünschte Linderung wurde in der Forschungsabteilung von P&G zwar erzielt, allerdings führte das entwickelte Mittel zu enormer Schläfrigkeit, was es für den angedachten Nutzen „Alltagstauglichkeit des Erkrankten“ untauglich machte. Kurzerhand wurde daraus WICK MediNait, das uns alle friedlich schlafen lässt, wenn uns Fieber und Gliederschmerzen heimsuchen. Erst in der Weiterentwicklung entstand schließlich WICK DayMed mit der ursprünglich geplanten Wirkung ohne Nebenwirkung. Beide Mittel zusammen sind heute ein überaus erfolgreiches und verkaufsstarkes Produktduo.

Also, wie wär’s? Etwas weniger Hollywood und dafür mehr Theater? Vielleicht wird es ja belohnt – mit Standing-Ovations aus dem Publikum und Applaus aus fremden Reihen – anstelle der tierischen Oscar-Surrogaten aus den eigenen Kreisen.